Schiedsrichter-Newsletter 4

Aktuelle Rundmail an alle Schachfreundinnen und Schachfreunde:

Liebe Schachfreunde, anbei erhalten Sie den 4. Newsletter des Schiedsrichterreferenten. Dieser befaßt sich mit der Schachuhr.

Mit freundlichen Grüßen
Mirko Humme, 07.06.2005

Die Schachuhr/h2>

Gem. Art. 6.4 der Fide-Regeln entscheidet der Schiedsrichter bzw. der Wettkampfleiter auf Bezirksebene vor Partiebeginn, wo die Schachuhr zu stehen hat.

Grund hierfür ist folgender: Damit eine Ãœberwachung der Fide-Regeln, insbesondere die während mehrerer Zeitnotphasen gewährleistet ist, werden die Uhren in der Regel in eine Blickrichtung gestellt, damit sich der Schiedsrichter bzw. der Wettkampfleiter nicht den Hals verrenken muß. Die „Sitte“, daß der Schwarzspieler entscheidet, wo die Uhr zu stehen hat, findet auf Wettkampfebene keine Anwendung! Ausnahmen sind laut den Fide-Regeln nicht möglich.

Gem. Art. 6.5 der Fide-Regeln wird die Uhr des Spielers mit den weißen Figuren in Gang gesetzt, zu dem für den Partiebeginn festgesetzten Zeitpunkt. Falls zu Beginn keiner der Spieler anwesend ist, verliert der Spieler mit den weißen Steinen die gesamte Zeit bis zu seinem Eintreffen, es sei denn, das Turnierregelement sieht etwas anderes vor oder der Schiedsrichter bzw. der Wettkampfleiter auf Bezirksebene entscheidet anders.

In den Wettkämpfen auf Bezirksebene ist bis hinunter zur Kreisklasse der Zeitpunkt sonntags auf 14.00 Uhr festgelegt. Ausnahmen kennt die Turnierordnung laut 3.13.1, wonach der Turnierleiter im Einvernehmen mit den anderen Vereinen andere Zeitpunkte unterhalb der Bezirksliga festlegen kann. Beispiele hierfür finden sich in früheren Jahren, wo z.B.: in der damaligen A-Klasse morgens um 9.00 Uhr gespielt worden ist. Im Bezirk 5 wird sogar samstags um 18.00 Uhr begonnen.
Zurück zum Bezirk. Jeder Spieler, der mehr als eine Stunde nach dem angesetzten Spielbeginn eintrifft, verliert die Partie! (Vgl. hierzu Art. 6.7 der Fide Regeln). Entscheidend ist also nicht, wann die Partie begann, sondern der in der Ausschreibung festgelegte Zeitpunkt, an dem sie zu beginnen hatte. Ein Ermessensspielraum hat der Wettkampfleiter gem. 4.2.6 bei nachgewiesener höherer Gewalt als Ursache von Verspätungen/Versäumnissen. Ausgleichende Maßnahmen hat der Wettkampfleiter trotzdem (Verkürzung der Bedenkzeit). Als höhere Gewalt würde ich hier z.B.: extreme Wetterbedingungen (Unwetter, Glatteis) oder die Sperrung eines Stadtviertels durch Polizei- oder Feuerwehreinsatz ansehen. Eigenes Verschulden wie Verschlafen zählt hier selbstverständlich nicht dazu.
Was passiert, wenn beide Spieler zu spät kommen? In der Regel hat der Weiß-Spieler dann Pech gehabt, es sei denn, beide Spieler würden im Fahrstuhl stecken bleiben!

Ein Spieler muß seine Uhr mit der gleichen Hand betätigen, mit der er seinen Zug gemacht hat. Er hat sie angemessen zu behandeln, es ist verboten, auf sie draufzuhauen bzw. umzuwerfen usw. Hier kann der Wettkampfleiter gem. Art. 13.4 Sanktionsmöglichkeiten wie z.B.: eine Verwarnung aussprechen.

Gem. Art. 6.9 der Fide-Regeln gilt das Fallblättchen als gefallen, wenn der Wettkampfleiter dies beobachtet oder einer der Spieler zu Recht darauf hingewiesen hat.

Hier entscheiden also nur zwei Akteure, der Wettkampfleiter oder der Gegner. Zeugen zum Blättchenfall werden in der Regel nicht gehört. Eine Reklamation kann nur Erfolg haben, wenn sie zur augenblicklichen Situation auf dem Brett, der Uhr, der Aufschreibung erfolgt. Auch das momentane Verhalten der Spieler/Zuschauer kann hier eine Rolle spielen. Einfaches Beispiel hierzu, der Wettkampfleiter wird vom Mannschaftsführer zu Hilfe gerufen, weil beide Spieler in Zeitnot sind.
Wie ist jedoch zu verfahren, wenn das Fallblättchen vom Weißspieler vor dem 40. Zug fällt und der Schwarzspieler dieses erst nach dem 42. Zug reklamiert? Hier ist der Fall natürlich eindeutig, hier muß weitergespielt werden, es sei denn, daß ein Wettkampfleiter anwesend gewesen ist, denn der hätte von sich aus eingegriffen.

Wenn beide Fallblättchen gefallen sind aber nicht feststellbar ist, welches zuerst,

  • – wird die Partie fortgesetzt, falls dies in einer beliebigen Zeitperiode außer der letzten (Sprich: Nach dem 40. Zug gibt es noch eine Zeitgutschrift in Höhe von 1 Std./20 Züge und 1 Std./Rest) geschieht,
  • – ist die Partie remis, falls dies in der Zeitperiode geschieht, in welcher alle verbleibenden Züge (Sprich die sogen. Endspurtphase) vollendet werden müssen

Zum Schluß noch die Frage, wer die Uhr anhalten darf. Gem. Art. 6.13 der Fide-Regeln entweder der Schiedsrichter bzw. der Wettkampfleiter auf Bezirksebene oder der Spieler.

  • Der Schiedsrichter bzw. der Wettkampfleiter auf Bezirksebene macht das, wenn die Partie unterbrochen werden muß. Einfaches Beispiel hierzu, der Wettkampfleiter sieht, daß z.B.: ein Spieler vor dem 40. Zug die Zeit überschritten hat…
  • Der Spieler den Schiedsrichter um Hilfe ruft, wenn ein Bauer umgewandelt wird und die gewünschte Figur nicht zur Hand ist. Einfaches Beispiel hierzu, es soll eine zweite Dame auf dem Brett erscheinen. Achtung: Ein umgedrehter Turm, ist trotzdem ein Turm! Auch die Ansage, „dieser Bauer ist eine Dame“ zählt nicht.
  • Der Wettkampfleiter entscheidet, ob der Spieler einen triftigen Grund für das Anhalten der Uhr hatte. Falls nicht, greift der Maßnahmenkatalog gem. Art. 13.4 der Fide-Regeln. Ich verweise darauf, daß eine angehaltene Uhr nur durch den Wettkampfleiter wieder in Gang gesetzt werden darf. Der Gegner darf das auf gar keinen Fall, einen solchen Fall gab es bei den Frankfurter Open 2000, der Gegner wurde prompt bestraft.