Schiedsrichter-Newsletter 10

Mirko Humme – Behringstraße 12 – 35410 Hungen – E-Mail: schiedsrichterreferent@hsv-bezirk3.de

Liebe Schachfreunde,

Anbei erhalten Sie den 10. Schiedsrichter-Newsletter.

Dieser beinhaltet eine offizielle Regelauslegung der Schiedsrichterkommission des DSB zum König-Schlagen im Blitzschach.

Mit freundlichen Grüßen

Mirko Humme, 24.03.2006
Schiedsrichterreferent


König-Schlagen im Blitzschach – wie soll der Schiedsrichter entscheiden?
(offizielle Regelauslegung der Schiedsrichterkommission des DSB / Februar 2006)
Auslegung durch Jürgen Kohlstädt, Vorsitzender der DSB-Schiedsrichterkommission

Das Schlagen des Königs ist eine Unart, die im Blitzschach trotz vieler Bemühungen nur sehr schwer auszurotten ist. Schon nach den alten FIDE-Regeln war das König-Schlagen kein erlaubter und damit ein regelwidriger Zug. Nunmehr steht in den Grundspielregeln unter Artikel 1.2 Satz 3: „Es ist nicht erlaubt, den eigenen König im Angriff stehen zu lassen, den eigenen König einem Angriff auszusetzen oder den König des Gegners zu schlagen.“ Dies ist aber keine echte Neuerung, sondern nur eine Klarstellung.

Deshalb bleibt es im Ergebnis bei der bisherigen Regelauslegung:

Das Schlagen des Königs im Blitzschach wird als Reklamation weiterhin akzeptiert. Der Reklamierende gewinnt also die Partie. Der fragliche Spieler soll aber verwarnt werden, weil die Art seiner Reklamation gegen Art. 1.2 Satz 3 der FIDE-Regeln verstößt. Die Schiedsrichter weisen auf diese Interpretation vor Turnierbeginn hin.

Nach Auffassung der Schiedsrichterkommission des DSB macht ein Spieler, der im Blitzschach den gegnerischen König schlägt, nichts anderes, als den Gewinn nach einem regelwidrigen Zug des Gegners zu beanspruchen (Anhang C.3 Satz 2 der FIDE-Regeln).

Bei dieser Regelauslegung hat die Schiedsrichterkommission in ihre Erwägungen einbezogen, dass nur dann, wenn man das König-Schlagen im Blitzschach als Reklamation versteht, die widersinnige Unterscheidung, ob danach die Uhr gedrückt wurde oder nicht, unbeachtlich ist.

Erst dann dürfte der Gegner nämlich seinerseits reklamieren. Wurde die Uhr noch nicht gedrückt – wie meistens in dieser Situation – würde sich weiter die Frage stellen, ob dann das Reklamationsrecht des Schlagenden noch besteht. Dieses erlischt an sich gemäß C.3 Satz 4 nach Ausführung eines Zuges. Unklar ist aber, ob das auch für nicht vollständig abgeschlossene regelwidrige Züge gilt. Wenn man dies bejaht, müsste die Partie mit einem im Schach befindlichen gegnerischen König fortgesetzt werden.

Anmerkungen hierzu in eigener Sache:

Die Fragen, die hier auftauchen, sind folgende:

  • a) Durfte die Schiedsrichterkommission diese Regel so auslegen?
  • b) Welche Auswirkung hat diese Regelauslegung auf das hessische Blitzschach?

Zu a) Ein kurzer Blick in das Vorwort der Fide-Regeln gibt hier bereits Auskunft. Eine angeschlossene Föderation hat das Recht, detailliertere Schachregeln einzuführen, vorausgesetzt, dass diese u.a. in keiner Weise mit den offiziellen Schachregeln der Fide in Konflikt treten, nur im Gebiet der betreffenden Föderation Anwendung finden.

Zu b) Hierüber gibt die Turnierordnung des hessischen Schachverbandes Auskunft. In Ziffer 52 heißt es wie folgt:

Die Schachregeln der Fide inkl. den Anhängen bilden einen Bestandteil dieser Turnierordnung, sobald sie vom DSB übernommen worden sind und sind grundsätzlich dann anzuwenden, wenn diese Turnierordnung nichts anderes vorzieht. Ebenfalls gelten die jeweils dazugehörigen Auslegungen des DSB.

Die Aufgabe der Schiedsrichter bzw. Turnierleiter bei offiziellen Blitz-Wettkämpfen im HSV oder in den Bezirken wird sein, auf diese Regelauslegung hinzuweisen, dass das Schlagen des Königs im Blitzschach als Reklamation weiterhin akzeptiert wird, und die Partie dadurch gewonnen wird. Aber der Spieler kann sich dabei eine Verwarnung einfangen, was bei mehreren Wiederholungen schon zu Konsequenzen führen kann (Siehe Art. 13.4 Fide Regeln).


Schiedsrichter-Newsletter 10