Schiedsrichter-Newsletter 6

Mirko Humme – Behringstraße 12 – 35410 Hungen – E-Mail: schiedsrichterreferent@hsv-bezirk3.de

Liebe Schachfreunde,

anbei erhaltet ihr den 6. Schiedsrichter-Newsletter.

Mittlerweile habe ich auch eine Antwort vom TL vom Bezirk 8 erhalten. Hier wird sich der RTS-Vorstand im Dezember mit dem Handyverbot befassen, welches auf der RTS-Jahreshauptversammlung im Juni kontrovers diskutiert worden ist. Der TL vom Bezirk 2 äußerte sich ebenfalls, hält die Entscheidung des Bezirkes 3 für falsch.
Ich korrigiere meinen letzten Newsletter (Siehe Anmerkung in eigener Sache im 5. Schiedsrichter-Newsletter) dahingehend, das die Äußerungen von Herrn Post nicht als Drohung, sondern als Warnung zu verstehen sind.

Dieser Newsletter ist eine Information an alle Wettkampfleiter und Mannschaftsführer zur Durchführung von Mannschaftswettkämpfen.

Wettkampfbeginn ist der in der Turnierausschreibung festgesetzte Zeitpunkt. Im Bezirk 3 ist das um 14.00 Uhr. Bis dahin sollten Formalitäten wie Aufstellung der Bretter, Austausch der Mannschaftsaufstellungen erledigt sein. Zum Austausch der Mannschaftsaufstellung möchte ich den Mannschaftsführern mit auf dem Wege geben, daß sowohl die Heim- als auch die Auswärtsmannschaft getrennt voneinander und damit zwei Spielberichtskarten ausfüllen sollten. Eine sollte beim Wettkampfleiter verbleiben. Es ist in der Vergangenheit durchaus vorgekommen, daß die Auswärtsmannschaft nach Einsicht der Aufstellung der Heimmannschaft kurz umdisponierte.

Nachdem die Spielberichtskarten ausgefüllt wurden, können diese nicht mehr geändert werden; wenn z.B. ein verhinderter Stammspieler doch noch aufkreuzt, ein Reservespieler aber schon seinen Platz eingenommen hat. Die Spielberichtskarten müssen vollständig ausgefüllt sein. Das beinhaltet natürlich auch die 3stellige Spielerpaßnummer. Ein Spieler ist dann spielberechtigt, wenn er im Besitz einer Spielberechtigung ist oder eine vorläufige Spielerberechtigung (VSB) besitzt. Diese Mitteilung erfolgt durch Schachfreund Post.

Der Wettkampfleiter ist in der Regel der Mannschaftsführer der Heimmannschaft (Im Bezirk 3) oder ein sonstiger Regelkundiger. Diesem obliegt auch die ordnungsgemäße Durchführung des Mannschaftskampfes. Sinnvollerweise sollten die Fide-Regeln zur Hand sein, um auf Streitfälle angemessen reagieren zu können.

Als oberste Devise aller Handlungen und Entscheidungen sollte lauten: Bleibt fair!

In der Regel ist die Partie für einen Spieler, welcher erst eine Stunde nach dem in der Ausschreibung festgesetzten Spielbeginn erscheint, verloren. Die Fide-Regeln geben dem Wettkampfleiter bzw. Schiedsrichter (Dieses geht aus den Turnierordnungen der Bezirke hervor) das ausdrückliche Recht, hier anders zu entscheiden. Als Ausnahme würde ich höhere Gewalt gelten lassen oder auch menschliche Probleme, wie z.B.: Entbindung, Beerdigung gelten lassen. Eine vorherige Benachrichtigung sollte erfolgen, wenn es hier zu einer Verspätung kommt.

Der Wettkampfleiter entscheidet, wo die Uhren zu stehen haben. Sinnvollerweise sollten diese in einer Blickrichtung stehen, damit er während den Partien, insbesondere in mehreren Zeitnotphasen, den Überblick behalten kann. Der Schwarzspieler hat übrigens nicht das Privileg, sich das aussuchen zu können!

Vor Spielbeginn sollte auch auf die Örtlichkeiten hingewiesen werden (Garderobe, Toiletten, Küche).

Was das Miteinbringen und das Läuten des Handy anbelangt (Art. 12.2 b), sehe ich in den Fide-Regeln eine Möglichkeit für den Wettkampfleiter, das Handy-Bimmeln auch anders als mit Partieverlust bestrafen zu können! Art. 12.7 sieht ausdrücklich auch andere Sanktionsmöglichkeiten vor. Hier heißt es: Ein Verstoß gegen irgendeinen Teil der Art. 12.1 bis 12.6 wird gemäß Art. 13.4 bestraft.

Dieser Strafenkatalog beinhaltet:

a) eine Verwarnung,
b) das Verlängern der Restbedenkzeit des Gegners,
c) das Verkürzen der Restbedenkzeit des zu bestrafenden Spielers,
d) den Verlust der Partie,
e) eine Kürzung der Punktzahl im Partieresultat der zu bestrafenden Partei,
f) eine Erhöhung der Punktzahl im Partieresultat des Gegners bis zu der in dieser Partie erreichbaren Höchstzahl,
g) den Ausschluß vom Turnier.

Anmerkung hierzu in eigener Sache:

In meiner persönlichen Einschätzung kann ich die Wettkampfleiter nur ausdrücklich ermuntern, hier davon Gebrauch zu machen, und je nach Situation zu entscheiden. Angemessen reagieren bedeutet, objektiv (Keine Unterscheidung zwischen Teamkollege und gegnerischen Mannschaft) und sachlich (Warum hat das Handy geläutet? Hat der Spieler Bereitschaftsdienst? Anrufe von der schwangeren Frau? Oder wollte sich der Spieler gerade einen Tip holen?) zu entscheiden.

Der Art. 12.7 kollidiert natürlich mit Art. 12.2 b). Ist das von der Fide so gewollt oder war es schlicht und ergreifend ein Übersehen? Ein Spieler braucht sich deshalb nicht über die Kürzung seiner Bedenkzeit, aber auch nicht über den Partieverlust zu beschweren.

Bei jeder Reklamation ist die Uhr anzuhalten und es ist der Wettkampfleiter herbeizurufen. Als Beispiele dienen hier:

  • Ein Spieler weigert sich mitzuschreiben, hat aber noch mehr als 5 Minuten auf der Uhr oder der Mannschaftskollege teilt diesem mit, wieviel Züge er noch zu machen hat. Das ist natürlich ein grober Verstoß. Sowohl noch spielende als auch nichtschachspielende Spieler gelten in diesem Falle als Zuschauer und haben sich aus den Partien herauszuhalten. Der Wettkampfleiter hat dann das Recht, diese ggf. aus dem Turniersaal zu verweisen und den Spieler zu bestrafen
  • Ein Spieler läßt sich von seinen Mannschaftskollegen konkrete Tips geben.
  • Zeitablauf vor dem 40. Zug.
  • Ein Bauer soll umgewandelt werden, aber eine zweite Dame ist nicht griffbereit. Da der Spieler das Brett nicht verlassen darf, ist nun mal der Wettkampfleiter zu holen.
  • Ein Spieler verläßt das Brett, obwohl er am Zug ist.
  • Ein Spieler macht einen unmöglichen Zug. Einfaches Beispiel hierzu: Die Rochade wird mit dem Turm zuerst ausgeführt (Vgl. Gangart der Figuren: Art. 3 Fide-Regeln) oder es wird ins Schach reinrochiert. Der Spieler muß dann trotzdem mit der erst berührten Figur ziehen, es sei denn, dieses ist verboten. Einfaches Beispiel hierzu: Beim Schachgebot kann der gezogene König dem Schachgebot nicht ausweichen.
  • Ein Spieler verstößt gegen die „Berührt – Geführt“ Regel. Um Streitfälle zu vermeiden: Wird ein Bauer umgewandelt, und ein umgedrehter Turm soll eine Dame darstellen, so ist das natürlich nicht möglich. Auch ein umgedrehter Turm ist ein Turm!
  • Reklamation der 3-fachen Stellungswiederholung oder der sogen. 50 Züge Regel

Die Uhr selbst darf durch die Spieler nicht wieder in Gang gesetzt werden, sondern nur durch den Wettkampfleiter.

Kommen wir zu den Aufgaben des Wettkampfleiters bzw. Schiedsrichters. Diese sind im Art. 13 der Fide-Regeln geregelt. Er achtet auf die Einhaltung der Schachregeln. Das ist natürlich ein dehnbarer Begriff, welches sich auch im Vorwort der Fide-Regeln widerspiegelt.

Vor allem soll im besten Interesse des Wettkampfes gehandelt werden. Fairneß sollte oberstes Gebot aller Entscheidungen sein. Lieber eine Auszeit nehmen, wenn die Uhren angehalten sind, und in Ruhe nachdenken, als eine strittige Entscheidung zu treffen, welche zum Protest beim Turnierleiter führen kann. Die Fide-Regeln geben hier konkrete Anhaltspunkte, um angemessen entscheiden zu können.

Eine vielleicht oft gestellte Frage, aber nicht getraut zu fragen: Wie schaut es aus, wenn sich ein Spieler der Gastmannschaft, trotzdem in die Partie eines anderen einmischt, konkret im Falle der Zeitreklamierung? Hier gibt zunächst der Art. 6.9 der Fide-Regeln Aufschluß. Das Fallblättchen gilt als gefallen, wenn der Schiedsrichter dies beobachtet oder einer der Spieler zu Recht darauf hingewiesen hat.

Das Reklamationsrecht haben also nur die beiden Spieler oder der Wettkampfleiter bzw. Schiedsrichter. Sonst keiner! Ein anderes Verhalten ist zu bestrafen!

Eine Möglichkeit wäre u.a.,

a) das Verlängern der Restbedenkzeit des Gegners. (Vgl. 13.4 b) Sprich: Die Zeitüberschreitung wäre nichtig; Die Verlängerung der Restbedenkzeit ist nicht minutiös geregelt. Anders als im Fall von Art. 7.4 b) [Regelverstöße] kann diese durchaus variabel gestaltet werden. Erfahrungsmaßstäbe liegen mir nicht vor, aber 2 Minuten sind akzeptabel;
b) das Verkürzen der Restbedenkzeit des zu bestrafenden Spielers. Sprich: Der Kollege gibt den Tip, daß die Zeit beim Gegner abgelaufen ist Ein Zeitabzug könnte sowohl den Spieler als auch den Tipgeber betreffen; Da der Wettkampfleiter auch mehrere Strafen aussprechen kann, gilt das Damoklesschwert für alle, die sich einmischen. Deshalb, Finger weg vor Einmischungen
c) der Verlust der Partie ist in Art. 13.4 (d) ebenfalls erwähnt, jedoch würde ich das nur bei anhaltendem Weigern, die Schachregeln zu befolgen, in Erwägung ziehen.
d) den noch spielenden Mannschaftskollegen aus einem Turnier auszuschließen (vgl. 13.4 g). Jedoch gilt hier immer die erwähnte Fairneß; sowie das Augenmaß.

Zum Schluß. Ist der Mannschaftskampf beendet, müssen beide Mannschaftsführer das Partieformular unterschreiben. Dem Mannschaftsführer der Heimmannschaft obliegt die telefonische und schriftliche Ergebnismeldung.

Mit freundlichen Grüßen

Mirko Humme, 27.07.2005
Schiedsrichterreferent


Schiedsrichter-Newsletter 6 im Word-Format